Der Zenmeister Shingon, (信厳) war der Präfekt des Gaues Izumi, Land Izumi, (和泉國; heute: Sennan-gun, Ōsaka-fu) der Agatanushi Yamatomaro. Er war ein Mann der erlauchten Zeit der Himmlischen Majestät Shōmu. Bei dem Tor des Hauses dieses Präfekten war ein großer Baum. Raben bauten ein Nest und brachten Junge zur Welt und breiteten die Flügel über sie. Der Rabenvater flog dahin und dorthin, suchte Futter und nährte die Gattin, die über die Kinder die Flügel gebreitet. Da er nun Futter suchen gegangen war, kam ein anderer Rabe heran und (sie) trieben miteinander Unzucht. Nach ihres Herzens Gelüsten trieb sie Frevel mit diesem neuen Gatten, stieg mit ihm in die hohen Lüfte auf, flog nordwärts mit ihm davon und ließ die Jungen im Stich, ohne sich nur umzusehen.
Zu der Zeit kam ihr früherer Gatte, Futter im Schnabel: doch sieh, da war keine Rabengattin mehr. Da erbarmte ihn der Kinder, er breitete die Flügel über sie und lagerte so und flog nicht mehr nach Futter aus. So vergingen mehrere Tage. Der Präfekt bemerkte es, ließ einen Mann auf den Baum steigen und das Nest besehen. Da lag der Rabe mit den Jungen, über die er die Flügel gebreitet, tot. Der Präfekt erfuhr es; große Trauer kam über ihn; Mitleid erfüllte sein Herz; der Raben ehebrecherische Unzucht schauend, verschmähte er die Welt, ließ Haus und Hof, trennte sich von Weib und Kind, gab die Amtsstellung auf, und, dem Daitoku Gyōgi (行基) folgend, übte er das Gute und strebte nach dem (wahren) Wege. Mit Namen ward er Shingon genannt. Und (dem Daitoku zu tiefst) sich verbindend sprach er: „Mit dem Daitoku vereint will ich sterben, auf daß ich gewißlich gleicherweise im Bereich des Westens wiedergeboren werde. [wo das Paradies ist]“ Des Präfekten Gattin, gleichfalls Agatanushi von Chisen (血沼), hatte, wiewohl der Präfekt sie verlassen hatte, doch letztlich keine andre Gesinnung (als er), war keusch und rein in ehrfürchtiger Scheu. Da ihr geliebter Sohn krank ward, und sein Lebensende herannahte, sprach er zu der Mutter: „Milch der Mutter (möchte ich) trinken! Das würde mein Leben verlängern“ Die Mutter reichte nach des Kindes Worten dem kranken Kinde die Brust. Das Kind trank Milch und seufzte und sprach: „Ach! der Mutter süße Milch muß ich lassen und sterben!“ und sein Leben endete. Die Gattin des Präfekten jedoch, voll Liebe zu dem toten Kinde, ließ nun gleicherweise mit ihm Haus und Hof und übte das Gute Gesetz (Buddha’s). Der Zenmeister Shingon jedoch starb, da leider sein (Lebens-)Grund (en) klein bemessen war, noch vor Daitoku Gyōgi dahin. Der Daitoku leidvoll1 unter Tränen dichtete:
GR: 賛曰。可哉血沼ノ県主氏。瞰テ烏ノ耶婬ヲ厭俗塵ヲ。背浮花ノ仮趣ニ常ニ浄身ヲ。勤修善ヲ祈恵命ノ心ヲ。尅安養ノ期ノヲ解脱ス是ノ世間ヲ。異秀厭土ヲ者也。
Nakada: 贊曰:「可哉,血沼縣主氏.瞰烏邪婬,厭俗塵背.浮花假趣,常淨身,勤修善,祈惠命.心剋安養期,解脫是世間異秀厭土.」
Ach! vereint nur! wie der Rabe
der Oho-osodori, sagte (wollt' er sterben).
Vor uns ging er nun dahin!
Wenn ein Feuer brennen soll, bereitet man zuvor Harzföhren.2 Wenn es zum Regen kommen will, werden zuvor die Steinplatten von Tropfen naß. Der Raben gemeine Dinge schauend, entfaltete der Präfekt die Gesinnung (wahren) Wandels. Der Weg zum Tun des Guten ist: Bittres sehend zum (wahren) Wandel erwachen. Das ist hiemit gesagt. Der Lustwelt (欲詅) mannigfach gemeines Tun ist dieser Art. Der (sie) Verschmähende wendet dem den Rücken. Der Tor giert danach. Die Gātha sagt:
Trefflich fürwahr!
Chinu’s Agatanushi Uji!
Der Raben ehebrecherische Unzucht sehend
verschmäht er den gemeinen (俗) Staub.
Der flüchtigen Blumen erborgtem Reize dreht er den Rücken; rein sich (身) haltend, strebt er für immer das Gute zu üben.
Der Gnade-Leben (恵命) Gesinnung erfleht er.
Den Tag der Seligkeit (安養) sehnt er herbei;
von dieser Welt löst er sich los.
Hochüberragend [wie er ist] verschmäht er die Erde.