Zur erlauchten Zeit der Himmlischen Majestät Shōmu lebte im Lande Sanuki, Gau Kagawa, Dorf Sakada (香川郡坂田里; Nakamura: heutige Takamtsu-shi, Kagawa-ken) ein reicher Mann. Mann und Frau, gleicher Sippe, waren Aya1 no Kimi. In der Nähe ["next door"] lebten zwei alte Weiblein,2 beides Witwen, von jeher ohne Sohn, äußerst arm, der Kleider bar, unvermögend, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen. Das Haus der Aya no Kimi war der Ort, wo sie Nahrung erbettelten.3 Tag für Tag, ohne Aufhören, stellten sie sich zur Essenszeit4 ein. Und als die Herrschaft,(主 aruji) die das verdroß, heimlich (竊, hisoka) jeweils ["once, out of curiosity"] um Mitternacht aufstand, Speise kochte5 und dem Hausingesinde6 zu essen gab, stellten jene erst recht sich ein. Das ganze Haus war darob verwundert [befremdet]. Die Frau des Hauses (家室) aber redete zu dem Hausherrn (ie-osa) und sprach: „Diese beiden Alten zur Arbeit zu verwenden, geht schlecht. Ich will, weil mich ihrer erbarmt, sie in die Zahl meiner Hauskinder aufnehmen.“ Der Hausherr hörte es und sprach: „Speise zu nehmen und (andre) zu nähren, möge von jetzt an und späterhin jeder von seinem eigenen Teil wegnehmen und jenen Alten geben. Unter verdienstlichem Tun (功徳) ist, Fleisch vom eigenen Leibe schneiden und, andern es spendend, ihr Leben retten, das allerhöchste Werk. Was wir* jetzt tun, muß solchem verdienstlichen Tun verwandt heißen.“
Die Leute6 des Hauses, den Worten willig entsprechend, teilten ihr Essensteil und nährten jene. Unter diesen Hausleuten6 war ein Dienstbote, (使人) der folgte nicht den Worten der Herrschaft; er mochte die alten Weiber nicht ausstehen. Nach und nach mochten auch die andern8 Dienstboten sie nicht ausstehen und spendeten nicht. Die Frau des Hauses nahm heimlich ihren Essensteil und nährte jene.
Der feindselige Hausinsasse redete immerfort verleumderisch zu dem hohen Hausherrn (長公) und sprach: „Man nimmt den Anteil der Dienstboten und nährt die alten Weiber. Daher ist, was es zu essen gibt, äußerst gering; vor Hunger erschöpft, können wir die Feldarbeit nicht tun, die Wirtschaft kommt ins Stocken.“ Doch wiewohl er ohne Unterlaß verleumderisch redete, ward den Alten (Speise) gegeben.

Auster kumamoto.
Der verleumderische Hausinsasse ging mit einem Angler* aufs Meer angeln. An der Angelschnur saugten sich zehn Austern (蠣) fest und kamen mit hoch. Da handelte er mit dem Angler und sprach: „Für diese Austern möchte ich bezahlen.“ [“I would like to free these oysters.”] Der Angler willigte nicht ein. Da sprach er mit ganzem Herzen auf ihn ein, ihn umzustimmen, und sprach: „Der vermögliche Mann baut Tempel; warum willst du so gar nicht einwilligen?“ Da willigte er ein und sagte: „Als Preis für die zehn Stück will ich fünf Scheffel 9(斗) Reis.“ Da bezahlte [agana(u)] er ihm, wie er gefordert, bat Priester (法師) herbei (勸請), ließ Segensspruch und Gelübde (呪願; Nakada: = 咒願) tun und ließ die Austern ins Meer frei.

Angemessener Preis für Austern heutzutage: ¥ 500 (ca. € 4,80).
Der Mann, der Leben freigelassen hatte, ging mit Dienstboten zusammen ins Gebirge Feuerholz lesen, stieg auf eine dürre Föhre, glitt aus, fiel herab und war tot; nahm von einem Wahrsager (卜者) Besitz (託, kuru(u)) und ließ verlauten: „Verbrennt meinen Körper nicht! Stellt ihn sieben Tage beiseite!“ Den Worten des Wahrsagers gemäß trug man ihn aus den Bergen heraus, stellte ihn draußen auf und wartete den Termin ab. Nach sieben Tagen, siehe da erwachte er wieder zum Leben und sprach zu Frau und Kindern also: Fünf Priester (hōshi) gingen vor mir; fünf Ubasoku gingen hinter mir. Der Weg, den wir gehen, ist breit und eben und gerade wie eine Richtschnur.10 (墨縄) Zur Rechten und Linken des Weges sind fort und fort Kleinodbanner (寶幡) aufgepflanzt. Vorn ist ein goldener Palast. Ich frage: „Was für ein Palast ist dies? Die [? der] Ubasoku blicken mich verstohlen an und flüstern heimlich: „Das ist der Palast, da deine Hausherrin“ geboren werden wird. Dem Verdienst, daß sie die Alten nährte, zufolge ward dieser Palast geschaffen. – Kennst du uns nicht?“ Ich antwortete: „Nein.“ Sie belehrten mich und sprachen: „Du solltest es wissen. Die zehn Priester und Ubasoku sind die zehn Austern, die du freigekauft.“ Zur Linken und Rechten des Palasttors waren Menschen, denen wuchs auf der Stirn ein Horn, hoben große Messer empor und wollten mir den Nacken abhauen. Die Priester und Ubasoku verwarnten [K: hinderten] sie, daß sie nicht zuhieben. Zur Linken und Rechten des Tors bereitete man köstlich-duftend ein leckeres Mahl. (蘭飾饌) Alle aßen voll Genuß. Ich saß damitten sieben Tage, hungernd und dürstend; die Flammen schlugen mir aus dem Munde. Da sagten sie: „Das ist Vergeltung der Schuld, daß du die hungernden Alten nicht mochtest und ihnen nicht spendetest“ und danach nahmen mich die Priester und Ubasoku und führten mich zurück. Und siehe, da kam ich wieder ins Leben. – Dieser Mann, dies erlebend, spendete (fortan) aus ganzem Herzen und ließ Tiere frei.
(Jemand) kauft Leben frei, und die Vergeltung wendet sich zurück und läßt (ihn selbst) Errettung finden; jemand spendet nicht, und die Vergeltung wendet sich zurück und läßt (ihn selbst) hungern und dursten. Nie bleibt des Guten oder des Bösen Vergeltung aus.