Im Lande Afumi im Innern des Gaues Yasu (野洲郡) auf dem Mikami-Gipfel1 war ein Gottesschrein (神社). Sein Name war Großer Gott Taga2. An Lehn waren sechs Häuser zum Unterhalt gegeben.
In der Nähe des Schreins war eine buddhistische Halle. Während der erlauchten Regierung der Himmlischen Majestät Shirakabe in den Jahren Schatz-Schildkröte [770-80] wohnte Eshō (惠勝; F: 惠忠 Echū), ein Mönch des Großen Friedenstempels in dieser Halle und tat eine Zeitlang hier geistliche Übung (修行). Da redete im Traum jemand mit ihm und sprach: „Lies um meinetwillen das Sutra!“ Er erwachte verwundert; ihn dünkte es seltsam. Andern Tages erschien ein kleiner weißer Affe3 und sprach: „An dieser Übungsstätte (dōjō) wohnend lies mir zugute das Hokke-Sutra. Der Mönch fragte und sprach: „Wer bist du denn?“ Der Affe antwortete und sprach: „Ich bin Ostindienlandes-Großkönig4. In jenem Lande war ein Übung tuender Mönch. Es folgten ihm viel Tausende. Die Landwirtschaft ward vernachlässigt. — Vieltausend5 sind über tausend Vieltausend — Daher gebot ich Einhalt und sprach : „Es dürfen nicht viele nachfolgen.“ Zu der Zeit verbot ich große Anhängerschaft. Ich hinderte nicht, (heiligen) Wandel, zu üben. Wiewohl ich Wandel zu üben nicht verbot, machte ich mich doch, weil ich die Nachfolgenden hinderte, schuldig und empfing daher die Vergeltung: im nachfolgenden Leben empfing ich den Leib eines Affen und ward dieses Schreines Gott. Daher lies du, mich von diesem Leib zu befreien6, in dieser Halle weilend, mir zugute das Hokke-Sutra!“ Er sagte: „Aber was willst du als Opfernahrung geben?“ Der Affe antwortete und sprach: „Etwas zur Opfernahrung ist nicht vorhanden.“ Der Mönch sagte: „Da ist reichlich Reis der Lehenshäuser. Gib mir davon zur Opfernahrung, daß ich die Sutra lese!“ Der Affe erwiderte und sprach: „Der Hof würde es mir schon verstatten; aber die Schriftherren7 denken, dies sei ihr Eigen, und verstatten es mir nicht. In Willkür will ich es nicht nehmen.“ — Schriftherrn, das sind dieses Schreines Amttuende. — Der Mönch sagte: „Ohne Opfernahrung, was willst du da tun, daß die Sutra-Lesung geschehe.“ Der Affe antwortete und sprach: „So sind in dem Asawi-Gau8 viele Biku, die sind gerade im Begriffe, die Sechs-Faszikel-Schrift (Rokkan-sho9) zu lesen. Daher möchte ich bei den Hochwissenden10 eintreten.“ — Der Asawi-Gau ist ein Gau im gleichen Land. Die Sechs-Faszikel-Schrift ist ein Vinaya Name —
Diesen Mönch dünkte es eigentümlich, er folgte den Worten des Affen und ging, machte dem Patron und Groß-Gesetzes-Meister Manyo (満預大法師) des Yamashina-Tempels11 Mitteilung und berichtete des Affen Begehr. Dieser Patron-Meister lehnte ab, und sagte: „Das ist Affengerede.12“ Ich glaube dem nicht, lehne ab, gebe nicht Gehör. Da er nun die Schrift zu lesen sich anschickte und in den Vorbereitungen war, kamen der Halle Jungen und Ubasoku in großer Hast gelaufen und sagten: „Ein kleiner weißer Affe hockt auf de Halle oben. Und siehe, die Große Neun-Hausweiten13-Halle bricht zusammen und wird zu Staub, und alles samt und sonders bricht er und schlägt er klein. Die Buddhabilder sind alle zerbrochen und beschädigt. Der Patron-Möch erbaute wiederum eine Sieben-Hausweiten-Halle, schenkte Glauben den Worten des Affen, der den Namen des Taga-Großgottes trug, nahm ihn gleichberechtigt unter die Hochwissenden auf, las die erbetene Sechs-Faszikel-Schrift und tat, was der Große Gott erbat. Hernach, nachdem dies vollführt war, geschah keinerlei Not noch Schaden mehr. So empfing der, welcher guten Wandel zu üben hinderte, die Vergeltung, daß er ein Affe ward.
Darum soll man der Mönche Raten und Mahnen ja nicht hindern; denn man empfängt schlimme Vergeltung.
Einst als Rakura14 Landes-König werden sollte, ward einem Pratyeka-Buddha15 Einhalt getan, so daß er nicht um Speise bitten gehen, noch in des Landes Bereich eintreten durfte und nach etwa sieben Tagen Hungers starb. Dieser Schuld zum Lohne wurde Rakura sechs Jahre nicht geboren, sondern blieb solange im Mutterleibe16. Das ist hiermit gesagt.
1) 御上嶺 (Mikamu-no-take). 御 erlaucht, kaiserlich; 上 oben; Oberer; Gott. Wamiyōchō: 三上 [ ▲ ]
2) 陁我大神 [陀我]. Nach dem Shinmei-shiki 多何 Taka-Jinsha andernorts gelegen. [ ▲ ]
3) 猴 [ ▲ ]
4) 東天竺國大王 “I was the king in a Eastern state of India." [ ▲ ]
5) Doppelte Erklärung: 1) Vieltausend bedeute hier „über tausend;“ 2) das Tausend in Vieltausend sei „über tausend,“ „mehr als tausend.“ [ ▲ ]
6) In dieser Legende wird deutlich gemacht, daß auch kami Wesen sind, die nach Erlösung streben. [ ▲ ]
7) 典主 hernach durch 神社司 Schreins-Priester erklärt. [ ▲ ]
8) 浅井郡 (Asai-gun, im heutiger Higashi-Azai-gun, und Iga-gun, Shiga-ken) [ ▲ ]
9) Shinbunritsu sanhan hoketsu gyōji-shō von Dao-Hüsan (道宜 Tao-hüsan, Tang-Zeit, nicht zu verwechseln mit dem gleichlautenden Herausgeber von Mönchsbiographien um 860-70) verfaßt. "Revised karman according to the disposition (of the disciples?) in the katurvarga-vinaya of the Dharmagupta-nikāya" (NJ 1120; Taishō XL, Nr. 1804, 1-156. Dharmagupta ist eine der fünf ersten Hināyāna-Schulen), ursprünglich in 12 Faszikeln, dann in 6 gebräuchlich. Eine Nara-Zeit-Abschrift existiert unter dem kurzen Titel, aus Tempyō 11. Jahr 739. Eine andre wurde unter andrem Titel geschrieben Shōho 8. Jahr (756).
Soothill/Hodous (1937): "The four-division Vinaya or discipline of the Dharmagupta school, divided into four sections of 20, 15, 14, and 11 chuan. The 四分律藏 Dharma-gupta-vinaya was tr. in A. D. 405 by Buddhayasas and 竺佛念 Chu Fo-nien; the 四分比丘尼羯磨法 Dharmagupta-bhikṣuṇī-karman was tr. by Gunavarman in 431: and there are numerous other works of this order." [ ▲ ]
10) chishiki vgl unser Wort „Akademiker.“ Der Affe möchte unter diese aufgenomen werden. [ ▲ ]
12) Im 4. Jahr Saimei-Tenno's richtete Fujiwara no Kamatari ein Privathaus als geistliche Stätte zwecks Yuima-Sūtra Studien ein (Yamashina-dera) ein. Fujiwara-Fubito verpflanzte diese Stätte der Yuima-e nach Nara, dies wurde der brühmte Kofukuji. Erstmalig fand ein Yuima-e unter der Leitung der koranischen Nonne Hōmyyō statt, die auf Anordnung von Kaiserin Saimei (656) Fujiwara no Kamatari gesundbeten sollte, dabei wurden Teile des Yuima-kyō gelesen. Daraufhin wurde dann 658 der erwähnte Tempel eingerichtet, wo es die nächsten 12 Jahre als private Veranstaltung der Fujiwara abgehalten wurde. Erneut wurde es dort von Chihō (智鳳) im 10. Monat von Keiun 3 gehalten. 709 fand zum Seelenheil des Fujiwara Fubito das vermutlich letzte am alten Ort statt; gehalten von Jōdatsu (浄達), der 707 von Studien in Silla zurückgehrt war. Beim Yumia-e handelt es sich um mehrtägige Vorträge zum Vimalakīrti-nirdeśa (NJ 146). Sie erwuchsen aus Gebetstreffen, die ursprünglich zur Gesundung Kranker in der herrschenden Klasse führen sollten, später dann regelmäßig im 10. Monat 10-16. gehalten wurden. Yuima ist eine andre Bezeichnung des Himmels des Monju Bosatsu Vimala, der jedoch, abweichend vom Üblichen, im Osten liegen soll. Es gibt ein Yuima-kyō, das Vimalakīrti-sutra; in dt. Übs. von Fischer, Jakob; Yokota Takezō; Tōkyō 1944; Visser, Marianus de; Ancient Buddhism in Japan – Sutras and Ceremonies in Use in the 7th and 8th Centuries A.D. and their History in Later Times; Brill 1935, 2. Bde. [ ▲ ]
12) Wohl in doppelter Bedeutung; F sagt charakteristisch 狂 „Narr.“ [ ▲ ]
13) ken, das Maß für Häuser und Gebäude [Auch heute noch üblich 1,81 m] [ ▲ ]
14) 羅怙羅 Rāhula, Shākyamuni's ältester Sohn [mit Yaśodharā 耶輸陀羅 (耶輸陀) = 耶輸多羅 = 耶戍達羅] sie soll Raśmīśata-sahasra-paripūrṇa-dhvaja; werden), einer der 10 großen Jünger, verblieb 6 Jahre im Mutterleibe, aber überwand alle Hindernisse, die seiner Geburt entgegenstanden. Soll der Begründer des estorischen Buddhismus sein. Reinkarnation des 水滿 Jālambara. – Außerdem gibt es in Indien viele gleichen Namens (vgl. BW 856, Eitel 128)
Soothill/Hodous (1937): "Also: 羅睺; 羅吼; 羅云; 羅雲; 曷怙羅 or 何怙羅 or 羅怙羅. He is supposed to have been in the womb for six years and born when his father attained buddhahood; also said to have been born during an eclipse, and thus acquired his name, though it is defined in other ways; his father did not see him till he was six years old. He became a disciple of the Hīnayāna, but is said to have become a Mahāyānist when his father preached this final perfect doctrine, a statement gainsaid by his being recognized as founder of the Vaibhāṣika school. He is to be reborn as the eldest son of every buddha, hence is sometimes called the son of Ānanda."
Im birmanischen Volksglauben wird Rāhula der Nord-Ost-(Himmel), Sonntag bzw. die Sonne zugeordnet. Der „Sonntags-Planet“ reitet auf Galon, d. i. der birmanische Name für Garuda, dem ewigen Feind der Naga. [ ▲ ]
15) 獨覺 dokukaku (“a self-enlightened monk"), andre Bezeichnung für 縁覺 enkaku, eine Heiligkeitsstufe der Buddhaschaft; vgl. ausführlich Eitel S. 123; BW 603, 81.
Pratyeka-Buddha (Selbsterleuchteter)
Soothill/Hodous (1937): "畢勒支底迦 (畢勒支底迦佛); 畢支佛; 辟支佛; 鉢攞底迦佛 (pratyeka(-buddha)) Singly, individually, one 'who lives in seclusion and obtains emancipation for himself only'. M. W. It is intp. as 獨覺 lonely (or alone) enlightenment, i.e. for self alone; also 縁覺 enlightened in the 十二因緣 twelve nidānas; or 圓覺 completely enlightened. i.e. for self. … It is a stage above the śrāvaka 聲聞 and is known as the 中乘 middle vehicle. Tiantai distinguishes 獨覺 as an ascetic in a period without a Buddha, 縁覺 [麟角, the unicorn with its single horn is a simile] as a pratyekabuddha. He attains his enlightenment alone, independently of a teacher, and with the object of attaining nirvāṇa and his own salvation rather than that of others, as is the object of a bodhisattva. …
The term pratyekabuddha [Pinyin: Pizhifo] is not limited to Buddhists, but is also general for recluses pondering alone over the meaning of life, an illustration being the rhinoceros, which lives in isolation. The non-Buddhist enlightenment is illusion, e.g. from observing the 'flying flowers and falling leaves'; the Buddhist enlightenment arises from pondering over the twelve nidānas. As a degree of saintship it is undefined by early Buddhism, receiving its definition at a later period."
Asaṅga erläutert im Pratyekabuddhabhūmi [engl. Übs. und Erkl. in: Wayman, Alex (Hrsg.); Untying the Knots in Buddhism; Dehli 1997 (ISBN 81-208-1321-9), Kap. 9, S. 190-: 'Asanga's Three Pratyekabuddha Paths'] diesen Zustand.
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16) Daiichido-ron XXVIII [Taishō XXV, 182; NJ 1169 ] (Mahāprajñāpāramitā-śastra; ch. von Kumārajīva 402-5, 100 Fasz.) [ ▲ ]