Der kaiserliche Thronfolger Shōtoku erweist Zeichen

聖德皇太子示異表緣

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A.: Der Kaiserliche Thronfolger Heilige-Tugend (聖徳太子, Shōtoku Kwo-Taishi) ward von der in der Ihare no Ikebe no namitsuki-Residenz regierenden1 Himmlischen Majestät zum Kaiserlichen Thronfolger gemacht.2 Der Thronfolger wird mit dreierlei Namen genannt. Der eine Name ist Roßstalltür-Fülle-verständig-Ohr, (厩戸豊聰耳, Umayado Toyo-to-mimi) der zweite Name ist Heilige Tugend (Shōtoku Taishi), der dritte Name ist Obere Miya.3 Der Roßstalltür gegenüber ward er geboren, daher heißt er Roßstalltür. Vom Himmel mit Wissen begabt, hörte und entschied er die gleichzeitig vorgebrachten Klagen von zehn Leuten, ohne daß ihm ein Wort entfiel: daher heißt er Fülle-verständig-Ohr. Sein Schreiten und Anhalten, sein ehrfurchtgebietend Wesen glich dem eines Mönches; mehr noch: er schuf Kommentare des Shōman und des Gesetzesblüten-Sutra (Hokke gisho) u. a. mehr,4 das Gesetz (Buddhas) verbreitend, den Wesen nutzend; die Würdigung (der Leistungen), Verdienst und Ehren setzte er fest;5 daher heißt er Heilige-Tugend. Er wohnte in der Oberen Halle der Miya der Himmlischen Majestät; daher heißt er Kaiserlicher Herrscher der Oberen Miya (上宮皇; Jōgū-wō. Kamitsumiya no kimi). Der Kaiserliche Thronfolger weilte und wohnte in Miya Am HügelWokamoto von Ikaruga鵤岡本宮6.

Statue im Asuka-dewra.
Shōtoku Taishi Statue
(Asuka-dera)

Zu der Zeit schickte es sich, daß er zur Miya hinausging, spazierte und schaute. Da war da zur Seite der Straße des Ein-Hügel-Dorfes (片岡; Kataoka) ein Bettler, war krank und lag da. Der Thronfolger stieg aus der Sänfte ( 御輿), sprach mit ihm, fragte und erkundigte sich, zog das eigene Gewand aus und deckte den Kranken damit zu und sprach: „Ruhe ungestört!“ – Nicht lange darnach, so ward die Spazierschau beendet; er lenkte die Sänfte zurück und kam des Weges. Da hing das Gewand, das er ausgezogen und womit er (den Bettler) zugedeckt, an dem Ast eines Baumes; und kein Bettler war zu sehen. Der Thronfolger nahm das Gewand und zog es an. Ein Würdenträger7 redete ehrfürchtig und sprach: „Warum armselig das mit dem Manne in Berührung gekommene und (dadurch) unrein gewordene Gewand wieder anziehen?“ Der Thronfolger sprach: „Es ist gut. Du verstehst es nicht.“ Jener Bettler starb an anderem Orte. Der Thronfolger vernahm es, sandte Boten und ließ ihn einstweilig beisetzen9, ließ dann in den in der Nordostecke des Gesetzes-Wald-Tempels法林寺)8 des Dorfes-Am-Hügel gelegenen Moribe-Bergen ( (守部山) ein Grab schaffen und (ihn) verwahren. Mit Namen ward es Mensch-Baum-Grab (力木墓, Hitoki no haka) genannt. Hernach entsandte er Boten und ließ nachsehen. Wiewohl der Grabeseingang uneröffnet war, war da kein Bettler (mehr zu finden). Nur dies eine Lied hatte er verfaßt und aufgeschrieben und an des Grabes Tür gestellt. Das Lied sagte:

Würde Ikaruga’s Fülle-Strom
(je) zu fließen enden,
wahrlich so vergäße man (vielleicht) des hohen
Namens unseres Fürsten.10

Die Boten kehrten zurück und berichteten, was sie vorgefunden. Der Thronfolger hörte schweigend zu und sprach kein Wort. Wahrhaft zu wissen ist: „Der Heilige weiß von dem Heiligen. Der Gemeine (bombu11) weiß davon nicht. Des Gemeinen Fleischesauge (肉眼) (nikugan), sieht den niedrigen Mann; des Heiligen durchdringend Auge (道眼) (tsugan), sieht den verborgenen Leib. Das ist wundersames Geschehn.

[Anm.: Nachdem die erste Erzählung völlig abgeschlossen ist, folgt eine zweite, ohne durch die Person verbunden zu sein; danach folgen die Leseglossen für beide Erzählungen. Folgt man der Annahme, daß die letzten Erzählungen der 3. Bandes [d. i. III, 38 und 39] von späterer Hand sind und die Leseglossen ebenso von, vielleicht andrer, späterer Hand, so mag auch diese Geschichte von einem Nachverfasser hinzugesetzt sein. Oder man mag annehmen, daß die Inhaltsverzeichnisse spät sind und in den ersten derselben die 2. Geschichte übersehen wurde. Dem Verfasser war Shōtoku’s Entschwinden in der Meditation bekannt, und dadurch und andrerseits durch die Gestalt des Bettlers, welcher stirbt und begraben wird und doch nicht im Grabe ist, wurde er auf Ensei geführt.]

Am Biwa-See.
Afumi.*

B: Des Gesetzesmeisters Nintō (力蕩法師) Jünger, Meister Ensei (圓勢), war ein Meister des Reiches Kudara [= Paekche]. Er wohnte in dem Hochpalast-Bergtempel (高宮寺)12 des Gaues Ober-Katsuragi, Land Yamato大倭國, Reich Nihon. Zu der Zeit war ein Gesetzesmeister, (Hōshi) der wohnte im Nordgemach. Er hieß Kwan-Kaku (Gangaku; 願覚 Flehen-Erwachen). Dieser Meister ging in der Regel in der ersten Morgenfrühe fort zum Dorfe (sato), hin und kam um die Abenddämmerung, ging in seine Behausung hinein und weilte dort – und das war sein gewöhnlich Tun. Zu der Zeit sah Meister Ensei’s Jünger, ein Ubasoku, (dies) und redete zu dem Meister davon. Der Meister erwiderte: Rede nicht! Sei still! Der Ubasoku durchbohrte heimlich die Wand des Mönchsquartiers und spähte: da war im Innern des Gemachs ein Glanzausstrahlen und helles Leuchten. Der Ubasoku sah es und berichtete wieder dem Meister. Der erwiederte und sprach „Deshalb habe ich dich ermahnt, nicht zu reden!“ Hernach jedoch starb Kwankaku plötzlich dahin. Zu der Zeit wies Meister Ensei seinen Jünger, den Ubasoku, an und sprach: „Verbrenne und bestatte ihn.“ Da verbrannte und bestattete er ihn nach der Anweisung des Meisters. Hernach jedoch ging dieser Ubasoku nach Afumi [am Biwa-See]. Zu der Zeit war da ein Mann, der sagte: „Hier ist Meister Kwankaku.“ Als der Ubasoku ging und sah, da war in der Tat wirklich Kwankaku, kam dem Ubasoku entgegen und redete zu ihm: „In letzter Zeit haben wir uns wenig gesehen. Ohne Unterlaß verlangte mich darnach. Steht alles wohl?“ So sprach er.
Zu wissen ist: Das war ein Heiliger in verwandelter Gestalt. Die fünf Herben (Kräuter) zu essen, ist im Gesetze Buddhas untersagt;13 wenn ein Heiliger sie gebraucht und ißt, so lädt er keine Schuld auf sich.